Hahnbeer kann man nicht erklären.... Hahnbeer muss man erleben!
Hahnbeer (plattdeutsch: Hahn=Hahn, Beer=Fest) geht zurück in die Zeit, als Heide noch keine Stadt war, sondern eine Bauerngemeinschaft. Diese Gemeinschaft bestand aus 4 Ortsteilen. Diese Ortsteile
wurden Eggen genannt. Die Eggen benannte man nach den Himmelsrichtungen: Die Norder-, Öster-, und Süderegge bestehen bis zum heutigen Tag. Die Westeregge hingegen gab es nur eine kurze Zeit.
Bis zur Verleihung der Stadtrechte am 7.07.1870 bestand der damalige Flecken Heide aus den drei Eggen als selbstständige Teilgemeinden. Einmal jährlich im Februar, die fünfte Jahreszeit, führte man
die sogenannte Bauernabrechnung durch. Bei dieser Abrechnung wurden jährlich die Ländereien neu verpachtet. Danach wurde gefeiert.
Das "Beer" von Hahnbeer bedeutet nicht Bier, sondern Fest, also ein Fest, welches für den Hahn, der ein Freiheits- und Fruchtbarkeitssymbol darstellt, gefeiert wird. Während der Feier sperrte man
einen lebendigen Hahn in eine Holztonne und versuchte diese dann mit Steinen und Knüppeln zu zerstören um dem Hahn seine Freiheit wieder zu geben. Überlebte der Hahn, bedeutet dies Glück bzw. eine
gute Ernte für das kommende Jahr zu haben.
Im Jahre 1841 beschloss der Holzlöffelmacher Peter Jacob Claussen, genannt "Peter Bur" zusammen mit seiner Süderegge, diese Tierquälerei aufzugeben und das Hahnbeer als Gemeinschaftsfest der Eggen
neu aufleben zu lassen. Es wurde ein "Bosselkampf durch Straßen bzw. Hahn beschmeißen auf der Tonne" eingeführt. Die plattdeutsche (niederdeutsche) Sprache war zu der Zeit die Sprache der armen Leute
und daher nicht gesellschaftsfähig. Dies änderte sich erst durch unseren Heimatdichter Klaus Groth von der Österegge. Er verhalf durch sein weltberühmtes Werk "Quickborn" (1852) der plattdeutschen
Sprache wieder zu einem besonderen Ansehen. Ein alter Spruch unseres Heimatdichters Klaus Groth gilt bis zum heutigen Tag. Er lautet:
Die alten zu ehren, die Freude zu mehren, zusammenzuhalten, wie die Kletten, scharf bereitsein, wie die Dornen, einer für alle und alle für einen, ist unser Spruch wie wir es meinen.
Für das Hahnbeer der Norderegge setzt sich Klaus Groths Lehrkollege Andreas Stammer ein.
Seitdem wird Hahnbeer zur Pflege und Förderung des Gemeinschaftssinns und der Erhaltung der plattdeutschen Muttersprache in jedem Jahr im Februar von den Eggen gefeiert. Die Stadt wird von bestimmten
Eggenmitgliedern, den Ausschmückern, geschmückt und erscheint traditionell in den Schleswig-Holstein-Farben "blau-weiß-rot". Bei ihrer Arbeit kehren die einzelnen Schmückertouren bei Privat- bzw.
Geschäftsleuten ein um auf das kommende Hahnbeer aufmerksam zu machen. Hier wird bei reichlich Beköstigung gekretelt und gesungen.
Am Hahnbeer-Tag werden Morgenumzüge in der jeweiligen Egge durchgeführt um die Freude zu mehren und die Jubilare zu ehren. Hierbei kleiden sich die Hahnbeerbrüder traditionell im schwarzen Anzug, mit
Zylinder und dem Wittwark (plattdeutsch: Weißwerk - weiße Handschuhe, weiße Fliege und weißes Hemd).
Sie ziehen, geführt von einem Föhrer, einer Fahnenabordnung, Hahnbeerbrüder und einer Musikkapelle, die das Hahnbeerlied spielt, zu vorher festgelegten Einkehrstellen. Geehrt werden u.a.
Hahnbeerbrüder für ihre Mitgliedschaft in der Egge.
Nach dem oben erwähnten "Bosseln durch Straßen bzw. Hahn beschmeißen auf der Tonne" wird ein Festumzug veranstaltet. Viele Hahnbeerbrüder, Musikkapellen, Fahnenabordnungen, Pferdegespanne und die
gesamte Stadtbevölkerung beteiligen sich dran.
Nach dem Festumzug gibt es im Festlokal "Stadttheater" die Kaffeetafel ("Festkommers", nur mit Männern), bei der neben dem Kaffeetrinken auch viele Reden gehalten werden. Hier werden auch sogenannte
Kretelreden (hier kommt alles auf den Tisch, was sonst nicht so erwähnt wird) gehalten. Natürlich darf auch die Blasmusik nicht fehlen.
Als abschließende Krönung des Tages wird ein Festball veranstaltet. Alle Anwesenden (Mann und Frau) erscheinen "hübsch gekleidet" und verbringen einen stilvollen Abend mit Musik und Tanz bis "morgen
früh" der Hahn kräht.
Südereggen-Hahnbeer, Dezember 2015