Unsere Kutschen im Umzug
Wir möchten euch die Kutschen, die bei uns im Umzug fahren, vorstellen.
Als Pferde werden Schleswiger Kaltblüter eingesetzt. Die Pferde werden für den schweren Zug gezüchtet und ausgebildet.
Ein besonderes Merkmal ist ihre Gelassenheit und Ruhe.
Der Landauer
Ein Landauer ist eine viersitzige, vierrädrige und an beiden Achsen gefederte Kutsche mit zwei gegenüberliegenden Sitzbänken (vis-à-vis). Sie gehört zu den „konvertiblen“ Kutschen, das heißt, sie kann durch ihr zweiteiliges Klappverdeck sowohl offen als auch geschlossen gefahren werden.
Seinen Ursprung hat der Landauer vermutlich im späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert. Er wurde nach der Stadt Landau in der Pfalz benannt, in der solche Kutschen gefertigt wurden. Durch seine komfortable Bauweise und die Möglichkeit, ihn je nach Wetterlage offen oder geschlossen zu nutzen, wurde der Landauer vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert in ganz Europa zum beliebten Reisewagen und Statussymbol wohlhabender Kreise.
Bei uns dient der Landauer als Ehrenwagen, um unsere Ehrenbaase am Festumzug teilhaben zu lassen und sie feierlich zur Kaffeetafel im Festlokal zu bringen.
Der Bierwagen
Als Bier noch mit Pferdefuhrwerken ausgeliefert wurde, gehörten Bierwagen zum Stadtbild vieler Orte. Brauer- und Fuhrleute brachten die schweren Holzfässer zu Wirtshäusern und Gaststätten – lange bevor es motorisierte Lastwagen gab.
Auch unser Bierwagen ist historisch inspiriert und wird traditionell mit Holzfässern beladen. Natürlich darf der Hahn auf der Tonne nicht fehlen – das Freiheitssymbol des Hahnbeers!
Der Wagen basiert auf einem historischen Rollwagen, einer offenen Pritschen-Kutsche, die für den Warentransport genutzt wurde. Die Kutscher solcher Wagen wurden Brauereikutscher oder Rollkutscher genannt. Unser Bierwagen ist kein offizieller Wagen der Dithmarscher Privatbrauerei, aber aus Verbundenheit zur regionalen Braukunst ziert ein Banner der Brauerei unser schmuckes Gefährt.
Der Bäckerwagen
Bevor das Automobil den Transport von Backwaren übernahm, war es für Bäcker selbstverständlich, ihre Ware per Kutsche auszuliefern. Bäckerkutschen waren meist klein und wendig, um auch in schmalen Gassen die Kundschaft mit frischem Brot zu versorgen.
Die Auswahl an Backwaren war früher schlichter als heute, aber ein gut gefüllter Wagen mit duftendem Grau- und Schrotbrot gehörte auf Wochenmärkte oder direkt zu den Kunden.
Unser Bäckerwagen fährt für unseren Eggen-Bäcker, den Mühlenbäcker. Ein herzliches Dankeschön an die Familie Balzer und ihre Mitarbeiter, die es möglich machen, dass unsere Zuschauer beim Festumzug immer mit frischen Backwaren versorgt werden.
Der Marketenderwagen
Ein Marketenderwagen ist ein Versorgungswagen mit tiefen Wurzeln in der Militärgeschichte. Marketender waren zivile Händler, die vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert Truppen begleiteten und sie mit Lebensmitteln, Getränken und Alltagsgegenständen versorgten. Oft übernahmen sie auch kleinere medizinische Aufgaben oder halfen in Feldlagern. Besonders im Dreißigjährigen Krieg und in den napoleonischen Kriegen waren Marketender unverzichtbar.
Die Idee, dass Truppen auf ihren Feldzügen von Versorgern begleitet wurden, ist jedoch viel älter. Ein oft genannter historischer Bezug ist die Schlacht von Kadesch (1274 v. Chr.) zwischen Ägypten und den Hethitern. Zwar gibt es keine direkten Belege für Marketenderinnen in dieser Zeit, aber es ist bekannt, dass Trosslager mit nicht kämpfendem Personal – darunter Händler und Versorgungskräfte – bereits damals existierten.
Heute kennt man den Begriff „Marketenderin“ noch in einigen Regionen, insbesondere in Österreich und Süddeutschland, als Bezeichnung für Frauen, die Blas- oder Marschkapellen begleiten und die Musiker mit Getränken versorgen.
Der einzige gummibereifte Wagen in unserem Umzug stammt ursprünglich von der Theodor Kröger Spedition aus Heide. Er ist ein Wagen für alle drei Eggen und wurde bewusst „Eggen-neutral“ in Blau-Weiß-Rot mit dem Heider Hahnbeer-Symbol geschmückt. In der Mitte thront ein riesiges Fass mit dem Hahn auf der Tonne. Versorgungsgüter führt der Wagen heute nicht mehr mit sich – er bleibt dennoch ein beeindruckendes Symbol unserer Tradition.
Das Schleswiger Kaltblut – Ein starkes Erbe mit sanftem Wesen
Unsere Kutschen werden von Schleswiger Kaltblütern gezogen – einer robusten, kräftigen und zugleich sanftmütigen Pferderasse, die speziell für landwirtschaftliche Arbeiten und das Ziehen von Kutschen gezüchtet wurde.
Das Schleswiger Kaltblut hat seinen Ursprung in Norddeutschland und war über viele Jahrhunderte hinweg ein unverzichtbarer Helfer in der Landwirtschaft, im Transportwesen und sogar beim Militär. Mit seinem kompakten, kräftigen Körperbau und einer enormen Zugkraft war es perfekt geeignet für schwere Feldarbeiten oder das Ziehen schwer beladener Wagen. Doch neben seiner beeindruckenden Kraft zeichnet sich diese Rasse durch eine besondere Ruhe und Gelassenheit aus – eine Eigenschaft, die sie auch heute noch zu beliebten Fahr- und Arbeitspferden macht.
Leider gehört das Schleswiger Kaltblut zu den bedrohten Nutztierrassen und steht auf der Roten Liste der gefährdeten Haustierrassen. Durch den Rückgang der Pferde in der Landwirtschaft ging der Bestand stark zurück. Heute setzen sich engagierte Züchter und Liebhaber dafür ein, diese wertvolle Rasse zu erhalten.
Tierwohl an erster Stelle
Gerade bei Festumzügen fragen sich viele Menschen: Geht es den Pferden gut? Die Antwort ist eindeutig: Ja!
Schleswiger Kaltblüter wurden genau für diesen Zweck gezüchtet – sie sind Arbeitspferde, die gerne und mit Stolz vor der Kutsche gehen. Sie sind nicht nur körperlich perfekt auf das Ziehen von Wagen ausgelegt, sondern fühlen sich in dieser Aufgabe auch wohl.
Unsere Pferde werden von erfahrenen Kutschern geführt, die ihre Tiere bestens kennen und mit größter Sorgfalt und Respekt behandeln. Regelmäßige Pausen, eine artgerechte Haltung und viel Liebe sorgen dafür, dass unsere Schleswiger Kaltblüter gesund, ausgeglichen und zufrieden sind.
Mit ihrem ruhigen Wesen und ihrer beeindruckenden Erscheinung tragen sie nicht nur unsere Kutschen, sondern auch ein wertvolles Stück norddeutscher Geschichte durch die Straßen – stark, sanft und mit erhobenem Kopf. In der Ruhe liegt die Kraft!