Boßeln ist mehr als nur ein Freizeitvergnügen – es ist ein traditionsreicher Sport mit tiefen Wurzeln in Norddeutschland und den Niederlanden. Besonders in Friesland, Ostfriesland und Schleswig-Holstein gehört das Boßeln zur regionalen Identität. Doch woher kommt dieser Sport eigentlich, und warum spielte die Süderegge über viele Jahre hinweg das Straßenboßeln als festen Bestandteil ihres Hahnbeers?
Die Anfänge des Boßelsports reichen mehrere Jahrhunderte zurück. Seine Wurzeln liegen vermutlich in mittelalterlichen Wettkämpfen, bei denen Bauern, Händler und Handwerker sich spielerisch miteinander messen wollten. Schon damals war das Ziel klar: eine Kugel mit möglichst wenigen Würfen über eine festgelegte Strecke zu befördern.
Ursprünglich wurde Boßeln auf Wiesen, Feldern oder gefrorenen Wasserflächen gespielt. Mit der Zeit verlegte sich das Spiel jedoch immer mehr auf die Straßen – das Straßenboßeln war geboren. Besonders in ländlichen Regionen, in denen es kaum befestigte Plätze gab, wurde das Boßeln auf den meist wenig befahrenen Wegen zur idealen Alternative.
Beim Straßenboßeln traten zwei Teams (die blaue und die rote Partei) gegeneinander an und versuchten, ihre Kugel mit gezielten Würfen über eine festgelegte Strecke am weitesten zu treiben. Hierbei spielte nicht nur Kraft eine Rolle, sondern auch Technik, Taktik und das genaue Lesen der Straße.
Die Süderegge hatte das Straßenboßeln einst durch Peter Bur eingeführt – und das aus einem besonderen Grund. Ursprünglich war es beim Hahnbeer Brauch, auf ein mit Tüchern umwickeltes Fass mit einem echten Hahn darin zu werfen. Doch als sich die Zeiten änderten, wurde nach einer Alternative gesucht, die sowohl den Wettkampfgedanken als auch die Gemeinschaft förderte, aber ohne ein lebendes Tier einzusetzen.
So entschied man sich, das traditionelle Straßenboßeln als sportlichen Wettbewerb in das Hahnbeerfest aufzunehmen. Viele Jahre lang gehörte es zur Südereggen-Tradition, mit viel Geschick und Teamgeist die Boßelkugel über die Straßen zu treiben – immer mit dem Ziel, am Ende gemeinsam auf ein gelungenes Fest anzustoßen.
Auch wenn das Straßenboßeln inzwischen nicht mehr Teil des Südereggen-Hahnbeers ist, bleibt der sportliche Wettkampfgedanke bestehen. Als neue spielerische Herausforderung hat die Süderegge das Leitergolf oder auch das "schmieten op de Hahn op de Tünn" eingeführt, das nun anstelle des Boßelns ausgetragen wird. Dabei geht es ebenfalls um Geschicklichkeit, Teamgeist und vor allem um den gemeinsamen Spaß.
Wer sich dennoch für den Boßelsport begeistert und diesen traditionellen Sport aktiv ausüben möchte, hat in Heide weiterhin die Möglichkeit dazu: Der Boßelverein Heide-Rüsdorf bietet allen Interessierten die Gelegenheit, dem Boßeln als Wettkampfsport nachzugehen und die Faszination dieses traditionsreichen Spiels zu erleben.